Unsere freie Entscheidung wäre eine Zumutung          Newsletter

Angefangen hat alles mit einem Museumsbesuch... Ich erinnere mich noch genau wie es damals war, vor etwa 30 Jahren. Uralte Schrumpfköpfe, Embryonen in verschiedenen Stadien des Wachstums und der Renner: eine Peitsche aus Menschenhaut. Und all das wollte ich meinen Kindern zeigen. So etwas kann man ja schließlich nur im Museum sehen. Dann kam die Enttäuschung, denn das alles gibt es gar nicht mehr. Jedenfalls nicht für die Museumsbesucher. Ich habe mich erst gewundert, warum an der Kasse absolut gar nichts los war. Jetzt weiß ich Bescheid. Es stellte sich heraus, dass man "so etwas ja heute gar nicht mehr zeigen kann, das wäre eine Zumutung" und dass "alles, was irgendwie aus "Mensch" hergestellt ist, nicht ausgestellt werden darf. "Ja, stellen Sie sich vor, die Schrumpfköpfe sind mit Gewalt in Verbindung zu bringen, denn diese Menschen sind nicht freiwillig gestorben. Ist das nicht furchtbar?" - "NÖ." - "Und so eine Peitsche aus Menschenhaut, wirklich gruselig!"  - "NÖ, interessant." Und schon hunderte von Jahren alt. Das tut bestimmt heute keinem mehr weh.

Was mich am meisten berührt hat, war, dass wir uns nicht mehr selbst aussuchen können, was wir anschauen wollen und was nicht. Es wird uns vorenthalten, weggenommen und schimmelt in den Archiven vor sich hin. Wir als Gesellschaft dürfen nicht mehr allein entscheiden, für uns wird entschieden. Und irgendwann kann sich keiner erinnern, wie es einmal war. Ja, vielleicht waren wir alle Barbaren, aber wie wunderbar ist im Vergleich die Reise der Menschheit (welchen Weg haben wir schon zurückgelegt) und wie dankbar können wir sein, dass wir uns so gut entwickelt haben. Jetzt werden wir weichgespült, es wird über unsere Köpfe hinweg entschieden, was wir sehen und hören dürfen... Und wer nicht weiß, wie es war, findet ganz normal, was jetzt ist... Ich finde es gefährlich. Wir werden in eine Richtung gelenkt, ohne selbst entscheiden zu können, ob wir dorthin wollen oder nicht.

Ich bin so frei zu sagen, dass dies das langweiligste Museum war, das ich je besucht habe. Würde es schließen, wäre für die Welt nichts verloren.

Andrea